Schwarzwald-Baar-Kreis Stimmgewalt und Feinsinn Schwarzwald-Baar-Kreis – Heike Hastedt, der Projektchor VS und die Württembergische Philharmonie Reutlingen beeindrucken mit Mendelssohns „Elias“.
Die Protagonisten des „Elias“ ernten im Franziskaner starken Beifall: der Bassbariton Georg Karl Golser (vorne von links), die Sopranistin Susanne Bernhard, die Mezzosopranistin Ann-Katrin Naidu,die Dirigentin Heike Hastedt und der Tenor Tilmann Unger.
Das Oratorium „Elias“ von Felix Mendelssohn Bartholdy fordert von Chor, Gesangssolisten und Orchester eine Menge: Sinn für den dramatischen Atem der Partitur, Ausdruckskraft und ein facettenreiches Schattierungsvermögen bei Klangfarben und Dynamik. Seine Aufführung unter der Leitung der Villinger Kirchenmusikdirektorin Heike Hastedt im Franziskaner Konzerthaus war beeindruckend.
Mendelssohn hat das alttestamentliche Geschehen vertont, welches das Wirken des Propheten Elias beschreibt. Kernpunkt sind die Anstrengungen des Elias um den Glauben an den Einen Gott Israels gegen den eingedrungenen Baalskult.
Heike Hastedt bietet mit ihrem über 100 Sänger umfassenden Projektchor VS ein mächtiges Stimmpotenzial auf. Dazu hat sie mit der Sopranistin Susanne Bernhard, der Mezzosopranistin Ann-Katrin Naidu, dem Tenor Tilmann Unger und dem Bassbariton Georg Karl Golser ein qualitativ überzeugendes und stimmlich ausgewogenes Solistenensemble verpflichtet und sich wieder einmal die Württembergische Philharmonie Reutlingen als klangästhetisch sehr gut passenden und zuverlässigen Orchesterpartner geholt.
Dem Chor ist eine für Amateure enorme Aufgabe zugewiesen. In mehr als 20 Nummern sind seine stimmliche Flexibilität wie auch seine Disziplin gefordert. Der Projektchor VS kann sich als Volk mit all seiner Stimmgewalt empören, will in voller Erregung endlich Antworten des schweigenden Gottes Baal und hetzt tumultartig gegen den Propheten. Er versteht sich aber auch auf das „sanfte Sausen“, in dem Gott der Herr naht, oder auf die rhythmisch markige Himmelfahrt des Elias. Eine packende Leistung, an einer Stelle filigran ergänzt durch einen Engelsgesang, den Mitglieder des Mädchenchors Rottweil und des Jungen Chors St. Ursula nach Einstudierung durch Andreas Puttkammer beisteuern.
Der Bassbariton Georg Karl Golser hat in der Rolle des Elias den mit Abstand umfangreichsten Solopart. Ruft er „Herr, erhöre mich!“, strahlt dies glaubhaft Gottergebenheit und Demut aus; schreibt er dem Volk „Gott ist ein rechter Richter“ ins Stammbuch, wird unmissverständlich, dass er es mit seinen Mahnungen bedrohlich ernst meint.
Susanne Bernhard setzt ihren klaren und höhenfesten Sopran höchst wandlungsfähig für ein ganzes Spektrum an Emotionen ein: Als Witwe nimmt ihre Not um den Tod ihres Sohnes und ihre Verzweiflung fast schon furiose Züge an, während sie in der Rolle als Knabe zart den Ton ratloser Unschuld trifft.
Über einen farblich weit timbrierten Mezzo verfügt Ann-Katrin Naidu. Als Königin zieht sie alle Register ihrer dramatischen Gestaltungskraft; als Engel, der Elias an mehr stilles Gottvertrauen gemahnt, strahlt sie hingegen große Ruhe und Ausgeglichenheit aus. Der Tenor Tilmann Unger, zugleich frommer Obadjah und götzendienerischer Ahab, überzeugt durch seine stimmliche Klarheit und Kraft, die er allerdings als besonnener Ratgeber auch zu zügeln versteht.
Heike Hastedt, Dirigentin mit musikalischer Konsequenz und souveräner Übersicht, hat erneut Außergewöhnliches geschafft. Der starke Applaus aus dem ausverkauften Franziskaner ist mehr als verdient.
Bild: Gunter Faigle