Es zählt zu den großen und bedeutungsvollen Oratorien: Felix Mendelssohn-Bartholdys „Elias“. Nach mehr als zehn Jahren wählte Kirchenmusikdirektorin Heike Hastedt das berühmte Werk wieder aus.
Was im Villinger Franziskaner geboten wurde, war ein überwältigendes, elementares Erlebnis. Die Interpretation rüttelte an den Säulen der Seele. Traumhaft glitt die Geschichte eines der schillerndsten Figuren des Alten Testaments am Ohr des Zuhörers vorüber und hinterließ Eindrücke, die in Worte kaum zu kleiden sind.
Das Werk schildert in zwei Teilen einen Menschen, der sich total für den einen Gott Israels einsetzte. Ein Gott, der auch für die Christen zentrale Bedeutung hat und sich nicht nur in den mosaischen Gesetzen manifestiert.
Das Oratorium entwirft das Bild eines Sehers und Predigers, eines Wundertäters und Helden, eines Menschen am Ende seiner Kräfte und einen triumphalen Überwinder. Diese Attribute wurden verinnerlicht durch alle Beteiligten in großem Nuancenreichtum umgesetzt, ergänzt durch die äußere Handlung und Schilderung von Naturgewalten. Die Wirkung war enorm, ging unter die Haut und verlangte Bewunderung ab. Diese galt vor allem der Dirigentin, aber in keinem geringeren Maße den Solisten, dem Orchester und vor allem dem Projektchor, dessen Leistung an Präsenz, kompaktem Gesang und gerundeter Ausdruckskraft bei qualitätsvollem Stimmeinsatz abzulesen war.
Durchgängig war die Ausdrucksstärke von „Hilf, Herr“ bis zum Schlusschor. Bewegend war die Dramatik bei „Aber der Herr sieht es nicht“, die flehenden Rufe „Baal, erhöre uns“, der gelöste Dank in Nummer 20 mit seinen expressiven Regenschauern, die differenzierten Gefühlsstimmungen bei „Fürchte dich nicht“ oder die unbarmherzigen Todesforderungen bei „So ziehet hin“.
Einen herzberührenden Effekt erzielten die jungen Damen des Mädchen- Chors Rottweil und des Jungen Chors St. Ursula mit dem „Fernchor“ des Engel-Terzetts „Hebe deine Augen auf“.
Eine gute Auswahl war bei den Solisten getroffen, so die Sopranistin Susanne Bernhard, die eine Witwe und einen Knaben vertrat. Mit ihrer intensiven Stimme deckte sie das Gefühlsspektrum von flehend, wehmütig bis hin zu fordernd und bebend vor Angst um den Tod ihres Sohnes. Gelungen war vor allem das Duett mit Elias. Den Alt-Part übernahm die Mezzosopranistin Ann-Katrin Naidu. Ihre klare Formulierung und der sensitive Ausdruck waren besonders bei der Arie „Sei stille dem Herrn“ zu spüren, wobei sie der Seele schmeichelte. Mit teils opernhaftem, strahlendem Tenor verlieh Tilmann Unger dem Propheten Obadjah und König Ahab Gestalt.
Die solistische Hauptarbeit lag bei Georg Karl Golser. Der Bassbariton beherrscht das Metier, legte viel Kraft in seine zu hohen Lagen tendierende Stimme, hatte aber teils mit der Lautstärke des Orchesters zu kämpfen. Überzeugend war seine Eingangsarie „So wahr der Herr“, mit der das ganze Werk steht oder fällt. Zu einer gekonnten „Szene“ gestaltete er das Duett mit der Witwe, und ebenso gelang der dramatische Hader mit dem Volk (Nr. 10) oder die Auseinandersetzung mit der Königin (Nr. 23). Bewundernswert war die Arie „Herr, Gott Abrahams“ und Tiefgang war bei „Es ist genug“ (Nr. 26) zu spüren.
Heike Hastedt, die das Heft fest in der Hand hatte, konnte wieder auf die Württembergische Philharmonie Reutlingen zählen, bei der vor allem Holz- und Blechbläser gefielen.
Siegfried Kouba, Schwarzwälder Bote